
Es war in den Tagen, als Milzau noch ein stilles Bauerndorf war und die Frauen mit schweren Körben auf dem Rücken den langen Weg Richtung Merseburg gingen. Über die Felder, durch Wind und Wetter, stapften sie, um ihre Waren zu verkaufen oder einzutauschen. Der Pfad war beschwerlich, die Last groß – und doch blieb kaum eine Wahl.
Hinter dem Ortsausgang von Milzau lag ein mächtiger Stein, einsam und unscheinbar am Wegrand. Für viele Frauen wurde er zum stillen Helfer: Dort setzten sie sich nieder, um Atem zu schöpfen, denn die Körbe an den Rückenriemen zerrten schwer.
Eines Tages jedoch geschah das Unglück. Eine alte Frau, erschöpft von der Hitze und der Last ihres Korbes, ließ sich auf den Stein nieder. Als sie sich zurücklehnte, verlor sie das Gleichgewicht. Der Korb, festgeschnallt und schwer beladen, riss sie zu Boden. Die Riemen zogen sich um ihren Hals, sie konnte sich nicht mehr befreien – und so wurde ihr Atem von der eigenen Last erstickt. Dort, am Stein, endete ihr Weg.
Die Dorfbewohner waren entsetzt, und von da an trug der Fels einen neuen Namen „Der Würger von Milzau“. Wanderer, die auf dem Weg Richtung Merseburg kamen, erzählten sich die Geschichte im Flüsterton. Für die einen war es eine Warnung vor der Mühsal des Lebens, für die anderen ein Ort, an dem man lieber schweigend vorüberging.
Mit den Jahren verblasste die Erinnerung, und doch blieb der Stein ein Mahnmal. Bis etwas Seltsames geschah: Eines Tages war der „Würger von Milzau“ verschwunden. Niemand wusste, wer ihn weggebracht hatte. Manche munkelten, er sei in einem privaten Garten verschwunden, als kurioses Stück, von dem sein neuer Besitzer die wahre Geschichte nicht kannte. Aber der Stein war große und schwer, wer hätte diesen bewegen können? Andere flüsterten, dass er vielleicht selbst nicht bleiben wollte – dass der Würger einen neuen Platz gesucht habe.
Heute wissen die Leute nicht mehr genau, was wahr ist. Doch die älteren Bad Lauchstädter nicken, wenn man sie auf den Stein anspricht. Sie erinnern sich an die Sage, an die Last der Frauen, an die einsame Stelle am Weg. Und vielleicht, wenn man genau hinhört, hört man in manchen Nächten das Knarren der alten Tragriemen im Wind, als wollte die Geschichte niemals enden. 😉
Siehe auch: Gespenster und Legenden aus Bad Lauchstädt